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DIE ERFAHRUNG EMMAUS



Manchmal liegt Emmaus weit entfernt. Das trifft auch auf damit verbundene Erfahrungen zu. Emmaus steht für vieles mehr als nur für einen in der Heiligen Schrift genannten Dorfnamen. Die wenigen Kilometer, die die beiden Jünger zurücklegen wollten, als sie damals Jerusalem verliessen, hätten sie wohl ohne Probleme geschafft, wäre da nicht etwas dazwischengekommen, das sie zur Umkehr bewegte. Etwas Aussergewöhnliches: Die Begegnung mit dem Auferstandenen. So lesen wir beim Evangelisten Lukas, dass die zwei infolge der Ereignisse der letzten Tage sehr niedergeschlagen waren und mit sich selbst und den Geschehnissen derart beschäftigt, dass sie IHN nicht erkannten. Jenen, mit dem sie über längere Zeit eng miteinander verbunden unterwegs gewesen waren; sie erkannten ihn nicht. Erst dann, als er das Brot brach und es ihnen reichte.

Wie den beiden Jüngern, so geht es nicht selten uns. Wir sind unterwegs – im Alltag, in der Arbeit, in der Ehe, im Amt. Doch in diesem Unterwegssein sehen wir allein unsere kleine Welt. Unsere Sorgen. Die Gewichte, die wir mit uns schleppen. Da ist eine Angst, davon erdrückt zu werden. Der Sache nicht gerecht zu werden. Da tauchen Bedenken auf, etwas Wesentliches verpasst zu haben oder Dringliches tun zu müssen. Gerade Letzteres treibt uns insbesondere in diesen Tagen der Isolation umher. Wie sehen dadurch nicht das Grosse, das uns im Unterwegssein begegnet; in Geschehnissen, in Mitmenschen, im verpassten Hören auf sich selbst.

Auch nach so vielen Tagen des erzwungenen Stillstands kommen wir nicht zur Ruhe. Es wäre aber möglich. Denn gerade das Osterfest, das uns auf eine viel grössere Dimension unseres Kleindenkens hinweist, birgt in sich diese Zuversicht. Ostern, das Fest der Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus, der den Tod und damit die grösste Herausforderung der Menschen besiegt hat. Der Apostel Paulus schreibt im ersten Brief an die Korinther: «Der letzte Feind, der entmachtet wird, ist der Tod. (…) Verschlungen ist der Tod vom Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?» (1 Kor 15,26.54f) Was Christus im Ostergeheimnis den Menschen geschenkt hat, ist von derartiger Grösse, dass alles andere nur im Schatten dieses Ereignisses verweilen kann. Ostern lädt uns ein, mutig unseren Weg nach Emmaus fortzusetzen. Offen für all das, was uns auf diesem Weg begegnet und das Ziel fest vor Augen. Denn ER ist mit uns unterwegs. ER, der zu uns gesagt hat: «Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.» (Mt 28,20)

Guido I. Tomaschett Diakon

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