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ZEITEN DES AUFATMENS

Autorenbild: Guido I. TomaschettGuido I. Tomaschett


Es ist paradox. Im gleichen Atemzug, in dem die Wirtschaft massiv darunter leidet, dass sie auf Anweisung des Staates zum Stillstand gezwungen wird, erfahren Natur und Mensch eine Zeit der Erholung. Es ist widersprüchlich und doch wahr: Während Leiden und Sterben jener Menschen auf Intensivstationen bei den Gesunden Angst, Hilflosigkeit und Trauer auslösen, erfährt er einen neuen Zugang zum eigenen, oft geringgeschätzten Leben. Und es ist befremdend festzustellen, dass gerade diese der Gesellschaft auferzwungene Inaktivität es ist, die Mensch und Natur zu einer Regenerierung verhilft, zum Nachdenken anregt und – so möchte man hoffen – auch zu einem besonnenen Neubeginn einlädt.

Da dieses Phänomen alle Gesellschaftsschichten trifft, blieben auch Kirchen nicht unberührt. Rigorose Verbote, gemeinsame Gottesdienste zu feiern, ob im Alltag oder an Ostern, zwangen nicht nur aktive Kirchgänger zu einem Umdenken, sondern auch die Kirchen und ihre Verantwortlichen selbst. So mussten neue Wege des gemeinsamen Betens gefunden werden. Ein markanter Schritt darin war die nun aktive Zuwendung hin zur schon lange auf einen grösseren Einsatz wartenden, aber vorhandenen Technologie. So konnte von der hochprofessionellen Übertragung von Gottesdiensten mit Papst Franziskus bis hin zu YouTube-Beiträgen aus einzelnen Pfarreien so ziemlich alles beobachtet werden. Das «Können» der Agierenden war und ist nach wie vor sehr unterschiedlich. Dies lag nicht allein an den unterschiedlich mehr oder weniger vorhandenem technischen Knowhow. Das Wohlwollen hingegen war und ist meist spürbar. Auch hierin bleibt zu hoffen, dass eine positive Weiterentwicklung aktiv angegangen wird. Sind doch die Möglichkeiten darin beinah unbegrenzten Ausmasses.

Die unerwartete Konfrontation mit dem Stillstehen und dem damit ausgesetzten Nichtstun, zwang aber auch Menschen mit wenig oder gar keiner Beziehung zu Glaubensinhalten zu einer persönlichen Stellungnahme dem unerwartet Begegnetem gegenüber. Die Frage, wie wenig es tatsächlich braucht, bis unser kleiner Planet zum Stillstand gebracht werden kann und wie ohnmächtig der Einzelne sich darin letztlich erfährt, regt zum Nachdenken an.

Von Zeiten des Aufatmens ist auch in der Apostelgeschichte die Rede. (Apg 3,20) Petrus und Johannes sprechen im Tempel zum Volk. Nicht nur vom Handeln Unwissender wie auch ihrer Führer ist darin die Rede. Auch von Umkehr und Busse ist darin zu hören. Zeiten des Aufatmens können Zeiten der Umkehr sein. Zeiten, in denen Fehlschritte erkannt und korrigiert werden können. Es sind Wendepunkte im Leben der Menschheit, die einen Neubeginn ermöglichen und bisher Nicht-Angedachtes oder Verwirklichtes in den Bereich des Möglichen hereinholen. Hoffnung besteht immer.

Guido I. Tomaschett Diakon

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